TaskCards

Mit TaskCards lassen sich digitale Pinnwände in unterschiedlichen Formaten erstellen. Die deutsche Firma dSign Systems GmbH hat TaskCards als Alternative zu nicht datenschutzkonformen Tools wie z. B. Padlet entwickelt. Die Firma betont die Datensparsamkeit der Plattform und die Konformität mit der Datenschutz-Grundverordnung. TaskCards wird mittlerweile in vielen Bildungseinrichtungen eingesetzt, vor allem an Schulen. Die Plattform findet auch mehr und mehr an Hochschulen Verbreitung, in erster Linie in der Lehrkräfteausbildung.

Das Kompetenzzentrum hat TaskCards deshalb auf die Barrierefreiheit und Usability für Studierende mit Beeinträchtigungen getestet. TaskCards entspricht nicht den Anforderungen der Barrierefreiheit, wie sie die BITV 2.0 für öffentliche Stellen vorschreibt. Barrierefreiheit wurde bei der Entwicklung offenbar gar nicht berücksichtigt. Da Barrierefreiheit für Hochschulen jedoch ebenso verpflichtend ist wie der Datenschutz, wird eine Nachrüstung dringend empfohlen.

Das Kompetenzzentrum digitale Barrierefreiheit.nrw empfiehlt Hochschulen, die TaskCards anschaffen wollen, vertraglich eine Frist zu vereinbaren, bis wann die Plattform den Anforderungen der BITV 2.0 entspricht. Hochschulen, die TaskCards bereits verwenden, empfehlen wir eine Verlängerung der Lizenzen erst, wenn die Firma die Anforderungen an die Barrierefreiheit nachweislich erfüllt.

 

Testergebnisse

Stand: Mai 2023

Die TaskCards sind für Nutzende, die keine Maus, sondern alternative Ansteuerungen nutzen, nicht barrierefrei bedienbar. Dies gilt bei unserem Testteam für die Nutzenden von Sprachsteuerung, Screenreader und der Tastatur. Sie können nicht alle Funktionen erreichen und bedienen, eine gleichberechtigte Teilhabe ist also nicht möglich.

Tester*innen, die mit der Maus und zusätzlich mit Vergrößerung oder Farbumstellungen arbeiten, konnten TaskCards gut bedienen. Allerdings ist der Fokus schwach, das heißt, es ließ sich häufig nicht gut erkennen, welches Element gerade mit der Maus oder der Tastatur aktiviert war. Das ist insbesondere für die Tastaturnutzung problematisch, weil sie anders als mit der Maus die Reihenfolge, in der sie Elemente ansteuern, nicht selbst bestimmen können. Wenn sie dann nicht zweifelsfrei erkennen können, wo sich der Fokus gerade befindet, ist das verwirrend und erfordert hohe Konzentration.

Die Testgruppe war sich in ihrer Bewertung einig, dass sie TaskCards für Live-Gruppenarbeiten, bei denen mehrere Personen gleichzeitig auf dem Board arbeiten, nicht empfehlen.

 

Übersicht: Usability bei verschiedenen Arbeitstechniken

Hilfsmittel/Arbeitstechnik

Testergebnis

Empfehlung

Screenreader

funktioniert unbefriedigend

-

Tastaturbedienung

funktioniert unbefriedigend

-

Sprachsteuerung (iOS)

funktioniert unbefriedigend

-

Vergrößerung/Kontraste

funktioniert gut

+

ohne assistive Technologie

funktioniert gut

+

+= gut geeignet; o = mittelmäßig geeignet, Anpassungen nötig; - = ungeeignet

 

Hinweise zur Nutzung

 

Screenreadernutzung
Tastaturbedienung
Sprachsteuerung, Voice Over (iOS)
Vergrößerung und Kontraste

Hinweis für Lehrende

  • Wenn in Ihrer Lerngruppe Studierende sind, die assistive Technologien nutzen, die keine Mausnutzung erlauben, sollten Sie bei zeitgleichen Gruppenarbeiten TaskCards nicht verwenden. Es ist für diese Studierenden kaum möglich, in angemessener Zeit neue Posts auf dem Board zu finden, und sie brauchen länger zum Erstellen neuer Inhalte. Das Padlet ist besser nutzbar, aber auch nicht vollkommen barrierefrei. Die Studierenden aus unserer Testgruppe bevorzugen in der Regel einfache kollaborative Schreibprogramme.
     
  • Für die Gruppenarbeit ist es wichtig, Regeln aufzustellen, damit alle die Veränderungen mitverfolgen und sich gleichberechtigt beteiligen können. Es empfiehlt sich, neue Inhalte während der Diskussionen vorzulesen und in Partnerarbeit an neuen Posts zu arbeiten.
     
  • Wenn Sie die TaskCards-Pinnwand als Materialsammlung benutzen, die die Studierenden nach dem eigenen Tempo bearbeiten, brauchen Screenreader-Nutzende Hinweise zur Bedienung und zu den Barrieren. Stellen Sie ihnen die Informationen zur Verfügung, die wir unter dem Punkt Screenreader-Nutzung zusammengestellt haben.
     
  • Bei der Gestaltung des Boards können Sie Schriften und Hintergrundfarben des Boards und der Posts selbst einstellen.
    • Wählen Sie einfarbige Hintergründe für das Board, keine Fotos oder Farbverläufe.
    • Nutzen Sie serifenlose Schriften und wählen als Schriftgröße mindestens „normal“ aus.
    • Bei heller Schrift auf dunklem Hintergrund sollte die Schrift halbfett oder fett sein.
    • Achten Sie auf ausreichende Kontraste zwischen dem Hintergrund und der Schrift der Karten (4,5:1 bei Text; 3:1 bei Überschriften). Das Kontrastverhältnis können Sie mit dem Colour Contrast Analyser messen.
       
  • Für Bilder und Grafiken können keine Alternativtexte eingegeben werden. Nutzen Sie deshalb die Karte selbst für eine Beschreibung der Bilder und Grafiken.
     
  • Verwenden Sie keine Animationen, die über das Board laufen, weil die Benutzer*innen sie nicht abschalten können.

Hinweise für Entwicker*innen nach EN-Norm 301 549

Wir führen die Ergebnisse unserer Tests hier sortiert nach den Richtlinien der in Deutschland gültigen europäischen Norm EN 301 549 auf, auf die die BITV 2.0 des Bundes und der Länder verweisen. Die Richtlinien beschreiben die zu erfüllenden Erfolgskriterien. In der WCAG 2.1 sind zusätzlich Techniken angegeben, wie die Kriterien erfüllt werden können. BITV, EN 301 549 und die WCAG 2.1 sind deshalb wichtige Dokumente für die Entwickler*innen, um ihre Anwendungen barrierefrei zu programmieren. Der ARIA Authoring Practices Guide (APG) der W3C gibt zudem Hinweise zur Programmierung barrierefreier Webseiten.

Die Nummern der Überschriften entsprechen den Kapitelnummern der EN 301 549.

9.1 Wahrnehmbar
9.1.1 Textalternativen
9.1.1.1a Alternativtexte für Bedienelemente
Sämtliche Bedienelemente sind unbeschriftet. Einzige Ausnahme: Kontaktkarte Schalter („Schreibe eine Nachricht“)

9.1.1.1b Alternativtexte für Grafiken und Objekte
Es ist nicht möglich, bei Karten für hochgeladene Bilder, Grafiken oder Videos Alternativtexte einzugeben.

Format Tafel: Die Verbindungslinien zwischen den Karten sind für Screenreader nicht wahrnehmbar. Deshalb wird empfohlen, zusätzlich eine Verknüpfungsliste anzubieten, mit der man sich innerhalb einer Karte eine Liste der verknüpften Karten anzeigen lassen kann

9.1.3 Anpassbar
9.1.2.1a Überschriften
Auf den Boards gibt es keine semantisch ausgezeichneten Überschriften.

Die Titel der Karten sind semantisch nicht als Überschriften ausgezeichnet und können deshalb auch nicht vom Screenreader gezielt angesteuert werden.

Beim Format Pinnwand sind die Spaltenüberschriften nicht als Überschriften ausgezeichnet und können deshalb auch nicht vom Screenreader gezielt angesteuert werden.

Es wird eine sinnvolle Hierarchie der Überschriften empfohlen:

  • Titel der Pinnwand H1,
  • Überschriften der Spalten H2,
  • Überschriften der Karten H3.

Dementsprechend dürfen Überschriften innerhalb der Karten erst mit H4 beginnen. Entsprechend müssen im Bearbeitungsfenster die Formatierungsmöglichkeiten der Überschriften angepasst werden, damit die Autor*innen keine Überschriften H1 bis H3 auswählen können.

9.1.1.1d Inhalte gegliedert
Absätze auf den Karten sind nicht immer mit [p] ausgezeichnet, Hervorhebungen in fett nicht mit [strong] und in kursiv nicht mit [em].

9.1.3.2 Sinnvolle Reihenfolge
Im Format Tafel wird man nicht in einer sinnvollen Reihenfolge durch das Board geführt. Dies wirkt sich vor allem für Nutzende negativ aus, die mit assistiven Technologien arbeiten (Screenreader, Mausalternativen, Tastaturbedienung).

9.1.4 Unterscheidbar
9.1.4.11 Kontraste von Grafiken und grafischen Bedienelementen ausreichend
Im Format Tafel können die schmalen Verbindungslinien zwischen den Karten bei starker Vergrößerung nur schlecht wahrgenommen werden.

9.2 Bedienbarkeit
9.2.1 Per Tastatur zugänglich
9.2.1.1 Ohne Maus nutzbar
Nicht alle Funktionalitäten können mit der Tastatur erreicht werden: Es lässt sich nicht kommentieren und liken, Karten lassen sich nicht verschieben (Format Tafel).

9.2.2.2 Bewegte Inhalte abschaltbar
Stellen die Autor*innen der Pinnwand eine Animation ein, können Nutzende sie nicht abschalten.

9.2.4 Navigierbar
9.2.4.1 Bereiche überspringbar
Die Spalten und Karten sind nicht als Überschriften semantisch ausgezeichnet und können deshalb nicht direkt angesprungen werden.

Es gibt keine Sprunglinks, die zum Beispiel direkt zum Button „Neue Karte erstellen“ führen.

9.2.4.3 Schlüssige Reihenfolge der Tastaturbedienung
Beim Format „Pinnwand“ gibt es keine schlüssige Reihenfolge bei der Tastaturbedienung. Es empfiehlt sich eine schnelle Erreichbarkeit des Schalters, um eine neue Karte anzulegen, etwa durch eine Anordnung ganz vorne, einen Sprunglink oder ein Tastaturkürzel.

9.2.4.6 Aussagekräftige Linktexte
Es ist Autor*innen nicht möglich, aussagekräftige Linktexte anzulegen.

9.2.4.5 Alternative Zugangswege
Es gibt keine alternativen Zugangswege, um die Inhalte des Boards zu erreichen.

9.2.4.7 Aktuelle Position des Fokus deutlich
Der Fokus ist fast immer zu schwach und entspricht nicht den Kontrastvorschriften, die ein Verhältnis von 3:1 vorschreiben.

9.2.5 Eingabemodalitäten
9.2.5.3 Sichtbare Beschriftung Teil des zugänglichen Namens
Sichtbare Beschriftungen von Bedienelementen sollen im zugänglichen Namen des Bedienelements vorkommen. Dies ist häufig nicht erfüllt, was ein Grund für die schlechte Bedienbarkeit mit der Sprachsteuerung ist.

9.3 Verstehbar
9.3.1 Lesbar
9.3.1.2 Anderssprachige Wörter und Abschnitte ausgezeichnet
Es ist für Autor*innen nicht möglich Abschnitte und Sätze in einer anderen Sprache auszuzeichnen. Englische Zitate werden Screenreader-Nutzenden deshalb in Deutsch vorgelesen.

9.4 Robust
9.4.1.2 Name, Rolle, Wert verfügbar
Es wird empfohlen, eine semantische HTML-Segmentierung zu implementieren, um die Navigation zu verbessern, die nicht auf dem Mauszeiger basiert. Pop-up-Elemente erfordern fokussierbare Komponenten.

11.8 Autorenwerkzeug
11.8.2 Barrierefreie Erstellung von Inhalten

Wenn es sich bei der zu testenden Webanwendung um ein Autorenwerkzeug handelt, soll die Anwendung die Erstellung von barrierefreien Dokumenten erlauben und die Nutzenden dabei unterstützen.

Dies ist in einigen Punkten nicht gewährleistet:

  • Es können keine Alternativtexte für Bilder eingegeben werden.
  • Es können keine sprechenden Linktexte erstellt werden.
  • Man kann bei Texten keine Sprache auszeichnen.
  • Die möglichen Überschriftenhierarchien müssen entsprechend angepasst werden.

 

Lizenzhinweise

Lizenziert unter CC BY 4.0. Zitiervorschlag: „TaskCards - Ergebnisse der Barrierefreiheits- und Usabiltytests und Empfehlungen zum Einsatz in Studium und Lehre. Kompetenzzentrum digitale Barrierefreiheit.nrw, Technische Universität Dortmund, Stand: Mai 2023“, CC BY 4.0. Ausgenommen von der Lizenz sind die verwendeten Logos.