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Einsatz assistiver Technologien im Studium –

wie Hilfsmittel den Alltag von Studierenden mit Behinderung erleichtern können.

Autorin: Rose Rokic, veröffentlicht am 28.11.2024

Assistive Technologien (aT) oder Hilfsmittel erleichtern Studierenden mit Behinderung den Zugang zu digitalen Inhalten. Sie ermöglichen eine auf den Bedarf abgestimmte Bedienung von barrierefreien Lernmaterialien und können unterstützend im Studium bei der Teilnahme an Lernumgebungen sowie bei der Organisation des Alltags eingesetzt werden. Ob beim Erstellen von Notizen, schriftlichen Ausarbeitungen oder Stundenplänen – mit technischen Hilfen meistern Studierende mit Behinderung leichter ihr Studium. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass Studierende mit Behinderung häufig noch zusätzliche Hürden zu bewältigen haben, indem sie auf ihre Bedarfe in Lehrveranstaltungen aufmerksam machen müssen, um diese Hürden zu überwinden, sind aT also sehr hilfreich.

Doch wie erfahren Studierende über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten geeigneter assistiver Technologien und wie erweitern sie ggf. ihre diesbezüglichen Erfahrungen und Kenntnisse?

Bestenfalls können sie auf Beratungsangebote an der Hochschule zurückgreifen oder von Austauschmöglichkeiten mit anderen Studierenden profitieren, die assistive Technologien erfolgreich im Studium einsetzen. Solche Beratungsangebote und die Unterstützung durch Studierende, die selbst aT nutzen, können im Studium zu einer inklusiven und zugänglichen Umgebung beitragen. Der Informationsfluss wird durch die fortschreitende Digitalisierung erleichtert und die technologischen Entwicklungen vereinfachen das Studieren mit und ohne Behinderung enorm.

Das Lesen langer Texte wird durch Vorlese-Tools erleichtert und das Schreiben durch Diktierfunktion möglich. Der Austausch in Arbeitsgruppen kann bei Bedarf auch mithilfe akustischer Verstärkung erfolgen und die grafischen Bildoberflächen mit KI-basierter Unterstützung beschrieben werden.

Doch gilt es den Umgang mit den passenden Hilfsmitteln zu beherrschen, die Finanzierung sicherzustellen und stets offen für Neuentwicklungen zu sein.

Dieser Beitrag beschreibt, welche aT den Studienalltag von Studierenden mit Behinderung erleichtern können, wie die Auswahl und Finanzierung solcher Hilfsmittel erfolgen kann sowie welche Möglichkeiten der Beratung und des Erfahrungsaustausches an Hochschulen und darüber hinaus bestehen.

Assistive Technologien für das Studium

Auswahl der richtigen Technologien

  • Die Wahl der passenden Technologie hängt von den individuellen Bedürfnissen und den Anforderungen des Studienfachs ab. Sprachausgabesoftware, wie Screenreader und Braillezeilen eignen sich beispielsweise gut für blinde Studierende. Sie können sich damit Texte vorlesen lassen oder diese selbst mit den Fingern in Brailleschrift lesen. Der Screenreader ist eine Software, die individuell anpassbar ist und digitale Inhalte sowohl schnell als auch langsam, in deutscher oder einer anderen Sprache wiedergibt. Diese Software kann zudem diverse Braillezeilen ansteuern und ermöglicht eine schnelle Navigation mittels Kurztasten auf der Tastatur.
  • Vergrößerungssoftware oder Lupen sind für diejenigen mit einer Sehbehinderung hilfreich, die selbst noch mit den Augen lesen können. Mit der Vergrößerung können Inhalte entsprechend groß oder kontrastreich dargestellt werden und es lassen sich nur bestimmte Abschnitte fokussieren.
  • Sprachsteuerung, Spracheingabe oder Spracherkennungssoftware können für unterschiedliche Bedarfe hilfreich sein. Menschen mit motorischen Einschränkungen können so beispielsweise den PC bedienen, ohne mit einer Maus oder mit einer Tastatur händisch zu navigieren. Sie sprechen die Steuerungsbefehle und navigieren so durch die Lerninhalte auf dem PC.
  • Vorleseprogramme oder Diktierprogramme können für Studierende mit Lese-Rechtschreib-Störung relevant sein. So lassen sich längere Texte akustisch wahrnehmen oder durch das Einsprechen erstellen.

Es gibt zahlreiche weitere Tools, die den Studienalltag und das Lernmanagement erleichtern können und so auch Studierenden mit nicht-sichtbaren Behinderungen als Unterstützung dienen können. Ob akustische Verstärker, Untertitelung, Erinnerungstools, Lernkarten-Apps oder KI-basierte Entwicklungen – viele Hürden im Studium lassen sich so zum Teil überwinden. Doch damit das möglich wird, ist ein Bewusstsein an Hochschulen für diverse Bedarfe erforderlich sowie digitale Barrierefreiheit. Das Kompetenzzentrum bietet bereits eine Palette an Umsetzungshilfen in Form von Checklisten, Testungen oder Schulungen.

Daneben ist allen aT gemeinsam, dass der Umgang damit erlernt werden muss, die Finanzierung sichergestellt und die passenden Hilfsmittel auf die jeweiligen Bedarfe und Hochschulangebote gewählt werden. Daraus wird ersichtlich, dass bei der Anschaffung, neben der individuellen Bedarfe auf folgende Faktoren zu achten ist:

  • Benutzer*innen-Freundlichkeit und individuelle Anpassbarkeit
  • Zuverlässigkeit und Support durch den Hersteller oder Anbieter
  • Kompatibilität mit den gängigen Plattformen und Lernplattformen der Hochschule

Nicht zuletzt kann bei der Auswahl auch der Austausch mit Studienberatungen, Selbsthilfegruppen oder anderen Studierenden hilfreich sein, um eine entsprechende Entscheidung zu treffen.

Beratung und Erfahrungsaustausch

Studierende sind häufig Expert*innen in eigener Sache. Mit ihnen als Betroffene in den Austausch zu treten, kann hilfreich sein. Daher bietet das Kompetenzzentrum regelmäßig, an jedem letzten Montag im Monat um 15 Uhr eine Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch online via Zoom. Außerdem stellen Studierende mehrmals im Monat, in sog. Hands-On-Sessions ihre Nutzungsweisen von Hilfstechnologien vor, was bei der Entscheidungsfindung ebenfalls hilfreich sein kann.

Die Hochschulen bieten zudem Beratung für Studierende mit Behinderung an. Darüber hinaus existieren Beratungs- und Austauschmöglichkeiten in Selbsthilfe-Gruppen oder durch hochschulübergreifende Angebote, wie den Studierendenwerken, ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungen etc. Ganz gleich, wo die entsprechende Beratung erfolgt, wenn die passende Hilfstechnologie gefunden wurde, müssen die Fragen der Finanzierung und Beschaffung geklärt werden. Auch hier kommt es auf die individuelle Nutzungsweise an, ob an der Uni oder beim Lernen zu Hause – die Kosten werden von verschiedenen Stellen für individuelle Nutzungsweisen getragen.

Kosten und die Finanzierungsmöglichkeiten

Die Kosten für aT hängen von den Bedarfen und von der Technologie selbst ab. Vom Einsatzort und der individuellen Nutzungsweise. Es können hohe Kosten für eine Neuanschaffung anfallen oder aber kostenfreie Lösungen infrage kommen. Beispielsweise existieren Screenreader, welche in ein Betriebssystem implementiert sind und andere, welche kostenpflichtig für ein Betriebssystem zur Verfügung stehen. Der Nutzungsumfang kann zwar ähnlich sein, jedoch kann es auch Abweichungen geben, weshalb auch da die individuelle Beratung, bezogen auf den Einsatz im Studium, empfehlenswert ist.

Die Finanzierung für Hilfsmittel für den individuellen Bedarf übernehmen zum einen die Krankenkassen, was eine ärztliche Verordnung erfordert. Die Kosten für aT im Studium übernehmen zum anderen die Ämter im Rahmen der Eingliederungshilfe. Die Ämter sind entweder die sog. Inklusionsämter oder Agenturen für Arbeit. Diese unterstützen bei der Teilhabe an Bildung und Beruf.

Ganz gleich, ob bei den Krankenkassen oder den jeweiligen Ämtern – Anträge auf Kostenübernahme von Hilfsmitteln für das Studium müssen von Studierenden selbst gestellt werden. Die Zuständigkeiten werden anschließend geprüft und die entsprechende Stelle als Kostenträger ermittelt. Die Beantragung solch einer Kostenübernahme muss frühzeitig erfolgen, da die Entscheidung einige Zeit erfordern kann. Auch kann es bei der Antragstellung hilfreich sein, zu begründen, welche Unterstützung das beantragte Hilfsmittel im Studium bietet. Die Beilegung eines Kostenvoranschlages des Hilfsmittellieferanten ist zudem hilfreich.

Studierende können häufig erst im Laufe des Studiums feststellen, welche assistiven Technologien sie benötigen und sind wegen der oft sehr eng gefassten Studienpläne, auf schnelle Entscheidungen seitens der Kostenträger angewiesen. Die Hochschulen selbst sind möglicherweise auch teilweise mit Hilfsmitteln ausgestattet, welche z. B. bei Prüfungen eingesetzt werden können. Die tabellarische Übersicht des Kompetenzzentrums bietet dazu einen ersten Überblick.

Damit ein reibungsloser Umgang mit den Hilfsmitteln, sowohl beim Lernen als auch bei den Prüfungen erfolgen kann, ist eine passende Einweisung in die Nutzung ebenso erforderlich wie die Anpassung an die individuellen Bedarfe. All das braucht eine gewisse Zeit. Schnelle Entscheidung der Kostenträger spielen demnach ebenso eine wichtige Rolle, wie die Ausstattung der Hochschulen.

Fazit

Assistive Technologien eröffnen Menschen mit Behinderungen neue Wege, das Studium erfolgreich und selbstbestimmt zu gestalten. Eine fundierte Auswahl, die Nutzung von Finanzierungsmöglichkeiten und der Austausch mit anderen erleichtern diesen Weg und machen das Studium barrierefreier und inklusiver.

Das Kompetenzzentrum digitale Barrierefreiheit an Hochschulen in NRW bietet neben anderen Beratungsstellen rund um das Studium, eine Beratungs- und Austauschplattform für Studierende mit Behinderung an, um sich über die Einsatzmöglichkeiten assistiver Technologien zu informieren. Es bietet zudem zahlreiche Umsetzungshilfen und Übersichten an, um digitale Barrierefreiheit an Hochschulen zu fördern.

Weiterführende Informationen und Hinweise